Aktionsbündnis
,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
|
Fall: Die alte Dissertation auf dem Hochschulschriftenserver
Ein Wissenschaftler hat 1987 den üblichen Verlagsvertrag über seine Dissertation abgeschlossen und möchte sie nun, da sie gedruckt kaum nachgefragt wird, auf dem
Hochschulschriftenserver seiner Universität ohne Zustimmung des Verlags nach den Grundsätzen von "Open Access" zugänglich machen. Das soll
verboten werden!
Nach der noch geltenden Regelung für "unbekannte Nutzungsarten" ( 31 Abs. 4 UrhG) ist nach der Rechtsprechung (z.B. zu Zeitschriftenarchiven auf CD-ROM) davon auszugehen,
dass ein Autor vor ca. 1995 noch keine wirksamen Nutzungsrechte für das - etwa 1987 noch gänzlich unbekannte - Recht der Internetnetzung (jetzt als Recht der
öffentlichen Zugänglichmachung in § 19a UrhG geregelt) vertraglich einräumen konnte. Er könnte daher derzeit seine Dissertation online selbst verwerten und
mit "Open Access" zugänglich machen.
Der Referentenentwurf für den "zweiten Korb" sieht nun vor, dass § 31 Abs. 4 wegfallen und für die von 1966 bis zum Inkrafttreten der Novellierung geschlossenen
Altverträge die Verwerter die ihnen fehlenden digitalen Nutzungsrechte automatisch erhalten sollen, wenn sie bereits über ausschließliche Nutzungsrechte im
traditionellen Bereich verfügen, es sei denn, der betroffene Autor versäumt es nicht, binnen eines Jahres dieser nachträglichen Nutzungsrechtübertragung zu
widersprechen. Bei sehr vielen Wissenschaftsautoren ist damit zu rechnen, dass sie von dieser geplanten "Enteignung" innerhalb der kurzen Jahresfrist gar nichts erfahren.
Aus der Sicht der Urheber ist auch in der Presse (Martin Vogel in der FAZ vom 25.10.2004 S. 35) heftige Kritik an der einseitig zu Gunsten der Verwerter (Verleger,
Filmproduzenten) vorgesehenen "Urheberentrechtung" geübt worden.
Vorschlag Die bisherige Regelung sollte beibehalten werden, zumindest aber sollte über den automatischen Übergang der Nutzungsrechte hinsichtlich unbekannter
Nutzungsarten neu nachgedacht werden. Probleme, Rechtenachfolger zu ermitteln oder sich mit unüberschaubaren Rechteinhabergemeinschaften auseinanderzusetzen, spielen nicht
nur in § 31 Abs. 4 UrhG eine Rolle (siehe den vorigen Fall). Den Interessen der Wissenschaft wäre besser gedient mit Regelungen, die dem Autor das Recht vorbehalten, seine
Werke nach einer gewissen Frist neben dem Verwerter in bestimmter Form selbst zu verwerten.
Gesetzestexte und Referentenentwurf
-
Urheberrechtsgesetz (UrhG),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.9.2003 (sog. "erster Korb")
-
Referententwurf
des Bundesministeriums der Justiz für ein Zweites Gesetz zur Regelung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft mit Begründung
-
Von Dr. Ole Jani, wiss. Mitarbeiter der FPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, erstellte
Synopsis,
die das geltende Urheberrecht und die Änderungen durch den Referentenentwurf
gegenüberstellt
-
Richtlinine 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001
zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des
Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
Stellungnahmen
-
DINI-Stellungnahme 6.5.2004
-
Ulrich Sieber,
Memorandum zur Berücksichtigung der Interessen des Bildungsbereichs bei der Reform des Urheberrechts, 2004
-
HI-Stellungnahme zum Referentenentwurf für den 2. Korb
-
Kurzstellungnahme
des Aktionsbündnisses "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" zum Referentenentwurf
Sonstige Literatur zum Urheberrecht
Zurück zu den Fallbeispielen
|
last changed 8 January 2015
—
state of our news-services: 6 April 2021
|