UrhG
Coalition for Action
“Copyright for Education and Research”

Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“

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Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“

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Offener Brief
vom 26. Juni 2006

Rundschreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Ersten Lesung

Appell des Aktionsbündnisses ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, sich für ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht einzusetzen. Ein solches ist die vom Deutschen Bundestag zu beratende Vorlage der Bundesregierung keinesfalls. Sollen Bildung und Wissenschaft in Deutschland nicht entscheidend behindert werden, muss dieser Gesetzentwurf entscheidend geändert oder aber gänzlich zurückgezogen werden. Letzteres wäre auch ohne Konsequenzen von der EU möglich. Das Aktionsbündnis fordert die Abgeordneten auf, bei der Delegation des Entwurfs in die einschlägigen Ausschüsse deren Mitgliedern eine sehr kritische Überprüfung des Entwurfs zu empfehlen, so wie es der Bundesrat schon getan hat.

Sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestags!

Die Vorlage der Bundesregierung zur zweiten Anpassung des Urheberrechts an die Anforderungen der Informationsgesellschaft wird in der 43. Sitzung unter TOP 27 Donnerstag auf Freitag Nacht im Deutschen Bundestag in Erster Lesung beraten. Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" (www.urheberrechtsbuendnis.de), das im Auftrag von sechs der großen Wissenschaftsorganisationen, einigen hundert wissenschaftlichen Gesellschaften und Fachverbänden und einigen tausend individuellen Unterzeichnern handelt, möchte Sie aus diesem Anlass darüber informieren, dass dieser Gesetzentwurf von Bildung und Wissenschaft in vielen Details nicht akzeptiert werden kann.

Sie als Mitglied des Deutschen Bundestags werden sicherlich laufend mit Forderungen und Vorschlägen von Lobbyisten jeder Art ,,versorgt", für die Sie sich im Detail fachlich nicht zuständig fühlen. Auch beim Urheberrecht wird das nicht anders sein. Wir möchten Sie in diesem Fall jedoch bitten, sich selber sachkundig zu machen und nicht einem fast schon spontanen Reflex zu folgen, dass ein Land wie Deutschland ein starkes, die Urheber schützendes Recht brauche, weil nur so Kreativität der Autoren und damit die Innovationskraft der Wirtschaft gesichert werden könne.

Ein starkes Urheberrecht ist aber entsprechend den internationalen Trends der letzten 10 Jahre leider nicht mehr ein Recht, das primär die Interessen der Urheber stärkt, sondern eines, das die kommerziellen Interessen der Verwerter, sprich der Verlagswirtschaft begünstigt.

Gegen eine starke Informationswirtschaft, durch die innovative Produkte erzeugt und Arbeitsplätze gesichert werden können, ist nichts einzuwenden, solange die Balance zwischen dem Anspruch auf kommerzielle Verwertung und dem Interesse der Öffentlichkeit, ,,sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten" (Art. 5 GG), bestehen bleibt.

Das aber ist seit einigen Jahren, zumindest in den Bereichen Bildung und Wissenschaft, nicht mehr gewährleistet. Die zweite Anpassung des Urheberrechts an die Bedingungen der Informationsgesellschaft (der so genannte Zweite Korb) wird, sollte sie Gesetz werden, den Zugriff auf publiziertes Wissen für Bildung und Wissenschaft auf unakzeptable Weise behindern.

Die Bundesregierung in ihrer jüngsten Antwort auf die ungewöhnlich starke Kritik des Bundesrats an dem Gesetzentwurf behauptet nun aber, dass es sich doch um ein solches bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht handele. Wer aber sonst als Bildung und Wissenschaft können erkennen, ob ein Gesetz sie unterstützend oder behindernd ist. Daher bitten wir Sie, die Kritik des Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" ernst zu nehmen. Mit der Kreativität der Wissenschaft, mit ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der Qualität der Ausbildung steht für die gesamte Gesellschaft zu viel auf dem Spiel.

Das Aktionsbündnis will der Bundesregierung keineswegs absprechen, dass sie sich für die Interessen von Bildung und Wissenschaft durchaus auch mit neuen Schranken (also Ausnahmeregelungen im Interesse von Bildung und Wissenschaft) einzusetzen versucht. Aber an entscheidenden Stellen zieht sie sich auf angebliche oder existierende Vorgaben vor allem aus der hier einschlägigen EU-Richtlinie zurück und folgt den Interessen der Informationswirtschaft.

Um Ihnen nur ein Beispiel dafür zu geben: Der Gesetzentwurf sieht in § 52b vor, dass die Bibliotheken ihre eigenen Bestände nun auch elektronisch den Berechtigten zugänglich machen dürfen – das ist ein neuer und positiv zu bewertender Vorschlag. Eingeschränkt wird diese neue Schranke allerdings dadurch (und damit zugleich unbrauchbar gemacht), dass diese elektronischen Materialien nur an speziell dafür einzurichtenden Arbeitsplätzen in der Bibliothek eingesehen (auch nicht gespeichert und auch nicht ausgedruckt) werden dürfen. Da sind nun mit öffentlichen Mitteln flächendeckend externe und lokale Netzwerke für Wissenschaftler und Studierende aufgebaut worden, aber man darf sie für eine der zentralen Aufgaben in Bildung und Wissenschaft, nämlich für den Zugriff auf publiziertes und an sich im Hause verfügbares Wissen, nicht nutzen. So werden Potenziale verschleudert.

Dieses Regulierungsverhalten der Bundesregierung, wie immer dies auch begründet wird, erinnert an das Lobbyverhalten der englischen Gewerkschaften, die bei der Einführung der elektrisch betriebenen Eisenbahn über einige Jahre erzwungen hatten, dass die Heizer noch auf den Loks mitfahren mussten.

Gravierender ist noch, dass in Zukunft der mit öffentlichen Mitteln eingerichtete und breit genutzte Dokumentlieferdienst der Bibliotheken, subito, eingestellt werden muss – jedenfalls was elektronische Dokumente angeht -,da der Gesetzentwurf den kommerziellen (in der Regel internationalen) Anbietern ein Monopolrecht einräumt.

Wir können viele solcher Beispiele anführen, die zeigen, dass der Gesetzentwurf entscheidend am Informationsverhalten und an den Informationsbedürfnissen von Bildung und Wissenschaft vorbeigeht. Auch der Bundesrat, weitgehend im Einklang mit den Forderungen des Aktionsbündnis, hat kritisiert, dass durch die verschiedenen neuen Regelungen gravierende Nachteile für die deutsche Wissenschaft, ihre Autoren und für das deutsche Bildungswesen beim Umgang mit publiziertem Wissen zu erwarten sind. Es muss auch auf die erhebliche Kostensteigerung für Bund und Länder (als die Träger der wissenschaftlichen und Bildungseinrichtungen nicht nur an den Hochschulen) hingewiesen werden.

Für Bildung und Wissenschaft sind Verknappungsstrategien und massive Schutzmechanismen, wie sie für Informationsprodukte (Literatur, Musik, Video, Spiele) von vielen für unverzichtbar gehalten werden, unbrauchbar. Bildung und Wissenschaft leben vom freien Austausch von Wissen und Information, natürlich unter voller Anerkennung der Persönlichkeitsrechte der Autoren von wissenschaftlichen und ausbildungsbezogenen Produkten. Eine Bevorzugung der kommerziellen Verwertung des überwiegend mit öffentlichen Mitteln erstellten Wissens durch die Politik, wie es jetzt beabsichtigt ist, ist nicht nachzuvollziehen. Bildung und Wissenschaft können nicht mit Unterhaltung, Literatur, Musik, Videos und Spielen über einen Kamm geschoren werden. Wir brauchen ein neues faires Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft.

Unter der folgenden Webadresse finden Sie, neben vielen weiteren einschlägigen Informationen, die ausführliche Stellungnahme des Aktionsbündnis mit Vorschlägen zur Verbesserung: http://www.urheberrechtsbuendnis.de/docs/ABStellungnahmeKorb2.pdf . Wir hoffen, dass dies im weiteren Prozess für Sie nützlich sein wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Prof. Rainer Kuhlen
(Sprecher des Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft")


Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" (http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) wurde 2004 im Zusammenhang mit der Novellierung der Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland gegründet. Das Aktionsbündnis setzt sich für ein ausgewogenes Urheberrecht ein und fordert für alle, die zum Zweck von Bildung und Wissenschaft im öffentlichen Raum tätig sind, den freien Zugang zur weltweiten Information zu jeder Zeit von jedem Ort. Grundlage des Aktionsbündnisses ist die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004. Diese Erklärung wurde unterzeichnet von sechs Mitgliedern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und Wissenschaftsrat), von 292 wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Informationseinrichtungen und Verbänden sowie von mehr als 4.500 Einzelpersönlichkeiten. Sprecher des Aktionsbündnis sind Prof. Kuhlen (Konstanz), Prof. Beger (Hamburg), Dr. Degkwitz (Cottbus). Weitere Informationen über Nachfrage an: rainer.kuhlen at uni-konstanz.de, beger at sub.uni-hamburg.de und degkwitz at tu-cottbus.de


Impressum
Prof. Dr. Rainer Kuhlen 
c/o Universität Konstanz
Postfach D-87
D-78457 Konstanz
Tel +49-(0) 7531-88-2879   Fax +49-(0) 7531-88-2048
rainer.kuhlen at uni-konstanz.de  www.urheberrechtsbuendnis.de

Next Relevant Dates
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung

News  
April 6th 2021 §

The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.

October 7th 2020 Buch Kuhlen

Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447

February 28th 2018

UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)

November 20th 2017 Jahrestagung

All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).

June 7th 2017

The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)

June 26th 2017 Pusteblume

An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann, to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)

May 22nd 2017

FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag. Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)

May 10th 2017

Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am 12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).

April 27th 2017

Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)

February 14th 2017 fake-news

We make you aware that on the website www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of publishers' interests.
(Press Release).

January 24th 2017

The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act — UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)

December 21st 2016 Paragraphenzeichen

The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).

December 15th 2016

KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities. What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)

December 12th 2016 Paragraphenzeichen

And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board. However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear. Debt to the present obvious disaster around the framework contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).

November 23rd 2016

Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)

November 16th 2016 letter to BMJV

Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen! Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).

older news is available from our archive
Publications
Jahrestagung All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:

publication Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Urheberrechte, wie handeln sie, und was wünschen sie?
Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.

publication Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
Version: 22 November 2016
Format: A4 duplex

publicati
on Folder on our Current Demands
Version: August 2015

publicati
on Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
Version: August 2015

publicati
on Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
Version: July 2015

publication Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
Compilation for the annual meeting on October 10, 2013

publication Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011

Relevant Links
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IUWIS project is developing a social networking for the topic of copyright in education and research.

last changed 8 January 2015state of our news-services: 6 April 2021