UrhG
Coalition for Action
“Copyright for Education and Research”

Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“

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Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“

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Pressemitteilung 10/06
vom 23. Mai 2006

Brief, wie abgesendet [PDF]

Offener Brief an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel:
Wir brauchen ein ,,bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht".

Verehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

die aktuelle Novellierung des Urheberrechts gibt dem Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" Anlass, sich direkt an Sie zu wenden. Zum Aktionsbündnis gehören sechs der großen deutschen Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsrat), rund 270 Fachgesellschaften, Bibliotheken und Informationseinrichtungen sowie über 4000 Einzelpersönlichkeiten.

Als Bundeskanzlerin, die mit den Anforderungen und der Praxis des Wissenschaftsbereichs bestens vertraut ist, werden Sie, wie wir hoffen, unsere Befürchtungen und Sorgen zur aktuellen Urheberrechtsentwicklung sicher verstehen und ihnen Rechnung tragen können. Im Sinne Ihrer Politik der Verlässlichkeit vertrauen wir auf den Koalitionsvertrag, in dem das Ziel eines ,,bildungs- und wissenschaftsfreundlichen Urheberrechts" ausdrücklich formuliert ist.

Der vorliegende Novellierungsentwurf ist aber weder bildungs- noch wissenschaftsfreundlich. Wer kann dies besser einschätzen als diejenigen, die aktiv in den Bereichen Bildung und Wissenschaft tätig sind? Vielmehr schätzen wir die vorgesehenen Regelungen für den Wissenschaftsstandort Deutschland als fortschritts- und innovationsfeindlich ein und damit sicher auch nicht im Interesse der Wirtschaft liegend.

Wir verzichten hier auf Einzelhinweise zum Gesetzesentwurf. Wir haben dazu ein ausführliches Positionspapier vorgelegt (www.urheberrechtsbuendnis.de/docs/ABStellungnahmeKorb2.pdf). Der Zugriff auf den Rohstoff ,Information' droht massiv beeinträchtigt zu werden. Auch die jüngste Reaktion des Bundesrates zum Novellierungsentwurf hat deutlich gezeigt, dass ein freizügiger Zugang zu Wissen und Information in Bildung und Wissenschaft den Verwertungsinteressen der Informationswirtschaft nicht nach- oder untergeordnet werden darf. Die nun eingebrachten Regelungen des Novellierungsentwurfs werden im Fall ihrer Verabschiedung vor allem folgende Auswirkungen haben:

Bereitstellung und Nutzung digitaler Informationsmaterialien und Literatur wird sich für Schulen, Weiterbildungseinrichtungen und Universitäten überproportional verteuern.

Die Studienbedingungen an deutschen Hochschulen und deren Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Kontext werden sich massiv verschlechtern. Wie sollen sich Schüler und Studenten fit für die Informationsgesellschaft machen, wenn der Zugriff auf qualifizierte digitale Informationen mit hohen Kosten und zusätzlichen Restriktionen verbunden ist?

Für die Wissenschaft wird der Zugriff auf die weltweite Information nur noch eingeschränkt und zu hohen Kosten erfolgen können. Die Deckung des Informationsbedarfs allein durch die Suchmaschinen des Internet ist sicher nicht als ausreichend zu betrachten.

Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft werden sich noch schwieriger als bisher gestalten, wenn die dafür erforderlichen Ressourcen der Bibliotheken wegen des mittelbaren oder unmittelbaren kommerziellen Interesses nicht mehr genutzt werden dürfen.

Das Potenzial der mit hohen Investitionen erfolgten Vernetzung von Schulen und Hochschulen wird bei Weitem nicht ausgeschöpft werden. Wozu ist in die Netzwerke investiert worden, wenn diese nicht für die Informationsversorgung aus der Bibliothek genutzt werden dürfen?

Das Aktionsbündnis bestreitet in keiner Weise, dass die Rechte der Urheber an ihren veröffentlichten Werken stark bleiben müssen, noch, dass die Informationswirtschaft rechtliche Sicherheit für die Verwertung der oft mit hohen Investitionen begleiteten Informationsprodukte braucht. Das Aktionsbündnis ist keine Kampagne gegen die Interessen der Informationswirtschaft. Doch die Balance, die bisher mit dem Urheberrecht gegeben war, muss erhalten bleiben. Die Potenziale der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien müssen für Bildung und Wissenschaft freizügig genutzt werden können. Schranken im Urheberrecht, also Ausnahmen von dem exklusiven Recht der Urheber und Verwerter, im Interesse von Bildung und Wissenschaft sind insofern keine kleinteiligen Zugeständnisse, sondern zwingend erforderlich, damit sich die Informations- und Wissensgesellschaft in unser aller Interesse weiterentwickeln kann.

Die Bundesregierung wird sicher zu der Kritik des Bundesrates Stellung beziehen müssen. Wir vertrauen auf Ihre Verantwortung und Sensibilität für Bildung und Wissenschaft, Frau Bundeskanzlerin. Greifen Sie mit Ihrer Richtlinienkompetenz selber in das Verfahren ein. In der Sache steht für Wissenschafts- und Informationsfreiheit zu viel auf dem Spiel, als dass diese einer Politik überlassen bleiben kann, die sich überwiegend der Urheberrechtssystematik und den Brüsseler Vorgaben verpflichtet sieht. Wir möchten Sie bitten zu überprüfen, ob nicht die Rücknahme des Gesetzesentwurfs derzeit die bessere Lösung wäre, damit der Diskurs zur Erstellung eines Konsenses ohne Zeitdruck erfolgen kann. Soll der Zweite Korb aber doch jetzt Gesetz werden, so möchten wir Sie dringend auffordern, unseren im beiliegenden Text aufgeführten Vorschlägen und Bedenken Rechnung zu tragen.

In der weiteren Perspektive bitten wir Sie, Ihren anstehenden Vorsitz des Rates der Europäischen Union dafür zu nutzen, die geltende EU-Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung des Urheberrechts in den EU-Partnerländern einer gründlichen Revision zu unterziehen. Diese in ihren Annahmen veraltete Richtlinie erweist sich zunehmend als Hindernis für die jeweils nationale Gesetzgebung, wie der in Deutschland nun auf den Weg gebrachte Novellierungsentwurf mehr als deutlich zeigt. Wir begrüßen es zudem, dass Sie in den bevorstehenden G8-Verhandlungen das Thema des regulierenden Umgangs mit Wissen und Information zum politischen Top-Thema machen wollen. Dabei sollte die Einsicht Platz greifen, dass nur eine Politik des freizügigen Umgangs mit Wissen und Information - und damit eine Politik der offenen Innovation - die Entwicklungschancen für alle Menschen und für alle Länder fördern kann, nicht aber die derzeit dominierenden Verknappungsstrategien.

Mit freundlichen Grüßen

-- der Sprecher des Aktionsbündnisses --


Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" (http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) wurde 2004 im Zusammenhang mit der Novellierung der Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland gegründet. Das Aktionsbündnis setzt sich für ein ausgewogenes Urheberrecht ein und fordert für alle, die zum Zweck von Bildung und Wissenschaft im öffentlichen Raum tätig sind, den freien Zugang zur weltweiten Information zu jeder Zeit von jedem Ort. Grundlage des Aktionsbündnisses ist die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004. Diese Erklärung wurde unterzeichnet von sechs Mitgliedern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und Wissenschaftsrat), von 280 wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Informationseinrichtungen und Verbänden sowie von mehr als 4.000 Einzelpersönlichkeiten. Sprecher des Aktionsbündnis sind Prof. Kuhlen (Konstanz), Prof. Beger (Hamburg), Dr. Degkwitz (Cottbus). Weitere Informationen über Nachfrage an: rainer.kuhlen at uni-konstanz.de, beger at sub.uni-hamburg.de und degkwitz at tu-cottbus.de


Impressum
Prof. Dr. Rainer Kuhlen 
c/o Universität Konstanz
Postfach D-87
D-78457 Konstanz
Tel +49-(0) 7531-88-2879   Fax +49-(0) 7531-88-2048
rainer.kuhlen at uni-konstanz.de  www.urheberrechtsbuendnis.de

Next Relevant Dates
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung

News  
April 6th 2021 §

The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.

October 7th 2020 Buch Kuhlen

Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447

February 28th 2018

UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)

November 20th 2017 Jahrestagung

All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).

June 7th 2017

The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)

June 26th 2017 Pusteblume

An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann, to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)

May 22nd 2017

FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag. Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)

May 10th 2017

Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am 12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).

April 27th 2017

Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)

February 14th 2017 fake-news

We make you aware that on the website www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of publishers' interests.
(Press Release).

January 24th 2017

The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act — UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)

December 21st 2016 Paragraphenzeichen

The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).

December 15th 2016

KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities. What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)

December 12th 2016 Paragraphenzeichen

And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board. However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear. Debt to the present obvious disaster around the framework contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).

November 23rd 2016

Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)

November 16th 2016 letter to BMJV

Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen! Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).

older news is available from our archive
Publications
Jahrestagung All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:

publication Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Urheberrechte, wie handeln sie, und was wünschen sie?
Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.

publication Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
Version: 22 November 2016
Format: A4 duplex

publicati
on Folder on our Current Demands
Version: August 2015

publicati
on Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
Version: August 2015

publicati
on Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
Version: July 2015

publication Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
Compilation for the annual meeting on October 10, 2013

publication Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011

Relevant Links
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IUWIS project is developing a social networking for the topic of copyright in education and research.

last changed 9 January 2015state of our news-services: 6 April 2021