Pressemitteilung 11/06
vom 2. Juni 2006
Weitere Belastungen für Studierende absehbar
Auf Studierende werden nach der aktuell vorgesehenen
Urheberrechtsnovellierung nach den Studiengebühren auch
Informationskosten zukommen - zurück zu Gutenberg und hin zur
Googlerisierung der Ausbildung
Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" hat in
einem Anschreiben an alle Studierendenvertretungen darauf hingewiesen,
dass die vorgesehene Urheberrechtsnovellierung die Studierenden von den
bislang weitgehend gebührenfreien Leistungen der Bibliotheken
abzuschneiden droht und ihnen den Zugang zur elektronischen Information
ingesamt erschwert.
Die Dokumentlieferung, wie sie jetzt durch den mit öffentlichen Mitteln
eingerichteten subito-Dienst organisiert ist, wird in elektronischer
Form kaum noch möglich sein, weil der Gesetzgeber hier den kommerziellen
(durchweg internationalen Verlagen) quasi ein Monopol einräumen will.
Der Gesetzgeber ist der Meinung, dass für Studierende (aber auch für die
Wissenschaftler) der Versand per Post oder Fax durchaus ausreichend sei.
Dabei nennt sich das neue Urheberrecht ein Recht für die
Informationsgesellschaft - offenbar eine Gutenberg-Welt - nicht eine
Internet-Welt.
Brauchen die Studierenden z.B. für ihre Abschluss- oder Hausarbeiten
Fachartikel in elektronischer Form, werden sie sich auf dem Markt der
überwiegend global agierenden Informationswirtschaft versorgen müssen -
zu Preisen, die um ein vielfach Höheres liegen als z.B. bei subito.
Studierende werden sich also darauf einstellen müssen, dass neben den
Studiengebühren demnächst auch erhebliche Informationskosten für sie
anfallen werden - wenn sie sich das gefallen lassen.
Wollen Studierende (wie auch die Wissenschaftler) elektronische Bestände
der eigenen Bibliothek nutzen, dann können sie ihre Laptops und die
lokalen Netze der Universität vergessen - der Gesetzgeber ist der
Meinung, dass es ausreicht, wenn der Zugriff nur an eigens dafür
einzurichtenden Arbeitsplätzen in der Bibliothek erfolgen soll. Und
jüngst hat der Bundesrat, der die Wissenschaftsfeindlichkeit des
Entwurfs der Bundesregierung ansonsten scharf kritisiert, sogar
vorgeschlagen, dass nur so oft eine elektronische Datei gleichzeitig
genutzt werden kann, wie die Bibliothek Exemplare vorrätig bzw.
Lizenzrechte erworben hat.
Nicht mehr die Information soll zum Benutzer kommen, sondern der
Benutzer soll sich physisch real zur Information bewegen. Dies ist schon
in den Campus-Universitäten unzumutbar und macht die Nutzung in
Hochschulen mit zum Teil sehr verteilten Gebäuden so gut wie unmöglich.
Warum wurde in den letzten Jahren so viel in die Informations- und
Kommunikationsinfrastrukturen investiert, warum wird im Rahmen von
eScience und eGrid von Vernetzung und Virtualisierung gesprochen und in
diese Infrastrukturen stark investiert, wenn das Naheliegendste, nämlich
der Zugriff auf die elektronische Information, die die Bibliothek oder
eine andere zentrale Einrichtung erworben oder lizenziert hat, vom
Arbeitsplatz aus nicht möglich sein soll?
Die Zukunft elektronischer Semesterapparate, forschungsgruppenbezogener
elektronischer Wissensbanken und eLearning-Vorhaben ist ungewiss, da der
bis jetzt das ermöglichende Paragraf des Urheberrechts (52a) nur bis
Ende 2006 befristet ist.
Von einem ,,bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht", wie es
die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hatte, keine Rede.
Das Aktionsbündnis warnt vor Pisa vergleichbaren Konsequenzen für das
Niveau der akademischen Ausbildung, wenn Studierende fast gezwungen sein
werden, sich auf die (bislang gebührenfreie) Informationsversorgung
durch die Googles des Internet zu verlassen, obwohl die eigentliche
Fachinformation dort nicht oder nur mit einiger Zeitverzögerung
nachgewiesen wird. Die Gefahr der dadurch entstehenden Googlerisierung
der Ausbildung wird durch die Urheberrechtsnovellierung gefördert.
Das Aktionsbündnis hat die Studierendenvertretungen aufgefordert, an
ihren Hochschulen Informationsveranstaltungen zu organisieren und
Proteste an ihre jeweiligen Bundestagsabgeordnete zu senden. Obgleich
Studierende sich bislang eher durch Einschränkungen bei der Privatkopien
und durch Einschüchterungen bei der Nutzung von Tauschbörsen und
P2P-Diensten bedroht fühlen, werden sie sehr bald auch die Folgen von
Verknappungsstrategien bei der Informationsversorgung in ihren
Hochschulen erleben, wie sie gemeinsam vom Gesetz, von der Wirtschaft
und der Technik über Digital Rights Management befördert werden – wenn
sie es sich denn gefallen lassen wollen.
Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
(http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) wurde 2004 im Zusammenhang mit
der Novellierung der Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland
gegründet. Das Aktionsbündnis setzt sich für ein ausgewogenes
Urheberrecht ein und fordert für alle, die zum Zweck von Bildung und
Wissenschaft im öffentlichen Raum tätig sind, den freien Zugang zur
weltweiten Information zu jeder Zeit von jedem Ort. Grundlage des
Aktionsbündnisses ist die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für
Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004. Diese Erklärung wurde
unterzeichnet von sechs Mitgliedern der Allianz der
Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der
angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz,
Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm
Leibniz e.V. und Wissenschaftsrat), von 280 wissenschaftlichen
Fachgesellschaften, Informationseinrichtungen und Verbänden sowie von
mehr als 4.000 Einzelpersönlichkeiten. Sprecher des Aktionsbündnis sind
Prof. Kuhlen (Konstanz), Prof. Beger (Hamburg), Dr. Degkwitz
(Cottbus). Weitere Informationen über Nachfrage an: rainer.kuhlen at
uni-konstanz.de, beger at sub.uni-hamburg.de und degkwitz at
tu-cottbus.de
Impressum
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
c/o Universität Konstanz
Postfach D-87
D-78457 Konstanz
Tel +49-(0) 7531-88-2879 Fax +49-(0) 7531-88-2048
rainer.kuhlen at uni-konstanz.de www.urheberrechtsbuendnis.de
|
Next Relevant Dates |
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung
|
News |
April 6th 2021
The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.
|
October 7th 2020
Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447
|
February 28th 2018
UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)
|
November 20th 2017
All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).
|
June 7th 2017
The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)
|
June 26th 2017
An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann,
to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then
we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)
|
May 22nd 2017
FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag.
Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)
|
May 10th 2017
Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum
„Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am
12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).
|
April 27th 2017
Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch
bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)
|
February 14th 2017
We make you aware that on the website
www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate
the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of
publishers' interests.
(Press Release).
|
January 24th 2017
The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act —
UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)
|
December 21st 2016
The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).
|
December 15th 2016
KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities.
What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently
deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)
|
December 12th 2016
And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board.
However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear.
Debt to the present obvious disaster around the framework
contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).
|
November 23rd 2016
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)
|
November 16th 2016
Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von
diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen!
Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).
|
older news is available from our archive |
Publications |
-
All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:
-
Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
über ihre Urheberrechte,
wie handeln sie, und was wünschen sie?
- Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.
-
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
- Version: 22 November 2016
- Format: A4 duplex
-
Folder on our Current Demands
- Version: August 2015
-
Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
- Version: August 2015
-
Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
- Version: July 2015
-
Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
- Compilation for the annual meeting on October 10, 2013
-
Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
- Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011
|
Relevant Links |
facebook page of the Coalition
IUWIS
project is developing a social networking for the topic of copyright in
education and research.
|
|
|