Pressemitteilung 13/06
vom 30. Juni 2006
Bundestag berät um Mitternacht zum ersten Mal über die aktuelle
Urheberrechtsnovellierung: Soll es nun ein ,,wissenschaftsverlagsfreundliches"
Urheberrecht werden?
Um Mitternacht vom 29.-30. Juni hat der Bundesrat in erster Lesung
über die Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft
beraten und als Ergebnis die Vorlage der Bundesregierung in den
Rechtsausschuss beraten. Bis auf die Sprecherin der Partei ,,Die
Linke", Frau Jochimsen, die ihre Stelungnahme zu Protokoll gegeben
hat, haben die Sprecher aller anderen Parteien die Gelegenheit
genutzt, in 5 Minuten-Stellungnahmen persönlich einige Kritikpunkte
anzudeuten. Sie haben damit die Bedeutung der
Urheberrechtsnovellierung durchaus gewürdigt und sie auf eine Stufe
mit der aktuellen Föderalismusdebatte gestellt.
Trotz der anfänglichen Mahnung der Justizministerin, Frau Bigitte
Zypries, den vorliegenden Entwurf als besten Kompromiss anzunehmen,
waren sich alle Sprecher/innen einig, dass der Entwurf den
Rechtsausschuss nach zu erwartenden langwierigen Beratungen nicht so
wieder verlassen wird. Dazu gebe es zu viel Nachbesserungsbedarf.
Im Vordergrund standen bei den kritischen Anmerkungen vor allem Fragen
der neuen Vergütungsart und -höhe sowie die Frage der Regelung der
bislang unbekannten Nutzungsarten. Die Bagatellklausel, durch die
Kopieren zur privaten Nutzung auch bei ungesicherter Rechtslage
straffrei gemacht werden soll, wurde nur noch von Jerzy Montag von den
Grünen verteidigt und gefordert. Einen neuen Aspekt brachte Jerzy
Montag dadurch ein, dass er im Prinzip keine Einwände gegen eine
exklusiv Literaturversorgung, auch in Bildung und Wissenschaft, durch
die Verlage hätte - allerdings nur - was er bezweifelte -, wenn dies
zu fairen Bedingungen geschähe.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger positionierte die F.D.P. trotz
ihrer Forderung auf eine richtige Balance einmal mehr ausschließlich
auf die Interessen der Urheber, wobei sie, wie im Urheberrecht
inzwischen üblich geworden, eigentlich die Interessen der Verwerter
meinte. Für Bildung und Wissenschaft scheint die F.D.P. weiter nichts
übrig zu haben - werden die hier einschlägigen §§ 52b und 53a (Nutzung
elektronischer Bestände in Bibliotheken und elektronische
Dokumentlieferung) im Kern als nicht zu beanstanden bezeichnet - sie
schössen aber übers Ziel hinaus, sprich: Die Rechte der Verlage
müssten gegenüber der Begehrlichkeit von Bildung und Wissenschaft
verstärkt werden.
Auch der Sprecher der SPD, Dirk Marzewski, in direkter Absetzung von
seinem SPD-Kollegen Jörg Tauss, findet das Gesetz mit Blick auf
Bildung und Wissenschaft gerecht, denn die Regelungen dürften nicht zu
Lasten des geistigen Eigentums gehen. Er unterstützte damit deutlich
seine SPD-Kollegin Brigitte Zypries. Diese hatte schon in ihrer
Einleitung auf der Wissenschaftsfreundlichkeit der Vorlage bestanden,
da doch nun die elektronische Dokumentlieferung durch die Bibliotheken
gesetzlich geregelt sei. Wie Hohn hörte sich dies an, wenn durch die
gesetzliche Regelung in § 53a der elektronische Dokumentversand
faktisch über subito, den Lieferdienst der Bibliotheken, verboten
wird.
Der Mythos von der Parallele zwischen materiellen und geistigen
Eigentum geisterte auch in dem Beitrag des Sprechers der CDU, Dr.
Günter Krings, herum. Es ist bemerkenswert, wie wenig die Politik all
die Argumente aus Wissenschaft und Forschung ob des gänzlich anderen
Gutscharakters von Bananen und wissenschaftlichen Aufsätzen zur
Kenntnis nimmt. Den Vogel schoss Herr Krings allerdings dadurch ab,
dass er das Gesetz im Einklang mit dem Koalitionsvertrag gänzlich als
"bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht" nannte, da ein
Urheberrecht - "und nun passen Sie auf" - ja vor allem auch ein
"wissenschaftsverlagsfreundliches" Recht sein müsse. Die Verlage
müssten in ihrer unverzichtbaren Filterfunktion vom Gesetzgeber
geschützt werden. Dabei ist es doch jedem in Bildung und Wissenschaft
klar, dass es ausschließlich die Wissenschaftler selber sind, die für
die Qualitätskontrolle sorgen.
Nach dem Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
hat nun auch in einer gemeinsamen Presseerklärung die Allianz der
Wissenschaftsorganisationen sehr deutlich moniert, dass bislang die
von Wissenschaft und Forschung geäußerten Bedenken kaum
Berücksichtigung gefunden haben: ,,Zu befürchten ist, dass die
Kooperation von Wissenschaftlern über die Datennetze erheblich
erschwert, die wissenschaftliche Erforschung insbesondere
audiovisueller Dokumente massiv behindert und die schon in der letzten
Zeit dramatisch gestiegenen Kosten für die Bereitstellung und Nutzung
digitaler Informationsmaterialien für Bildung und Wissenschaft
weiterhin erheblich steigen werden." Diese klare Aussage der Allianz,
in der die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft
Deutscher Forschungszentren, die Fraunhofer Gesellschaft, die
Hochschulrektorenkonferenz, die Leibniz-Gemeinschaft, die
Max-Planck-Gesellschaft und der Wissenschaftsrat vereinigt sind,
sollte auch den Parlmentarieren zu denken geben. Politik kann nicht
auf Dauer gegen Bildung und Wissenschaft gemacht werden. Das
Urheberrecht darf keine Kampfansage an die Verlage sein, schon gar
nicht gegen die Urheber, aber es darf nicht das aktuelle
Informationsverhalten und die grundlegenden Informationsbedürfnisse
von Bildung und Wissenschaft unter Missachtung der Potenziale der
elektronischen Räume schlicht ignorieren.
Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
(http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) wurde 2004 im Zusammenhang mit
der Novellierung der Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland
gegründet. Das Aktionsbündnis setzt sich für ein ausgewogenes
Urheberrecht ein und fordert für alle, die zum Zweck von Bildung und
Wissenschaft im öffentlichen Raum tätig sind, den freien Zugang zur
weltweiten Information zu jeder Zeit von jedem Ort. Grundlage des
Aktionsbündnisses ist die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für
Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004. Diese Erklärung wurde
unterzeichnet von sechs Mitgliedern der Allianz der
Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der
angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz,
Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm
Leibniz e.V. und Wissenschaftsrat), von 293 wissenschaftlichen
Fachgesellschaften, Informationseinrichtungen und Verbänden sowie von
mehr als 4.600 Einzelpersönlichkeiten. Sprecher des Aktionsbündnis sind
Prof. Kuhlen (Konstanz), Prof. Beger (Hamburg), Dr. Degkwitz
(Cottbus). Weitere Informationen über Nachfrage an: rainer.kuhlen at
uni-konstanz.de, beger at sub.uni-hamburg.de und degkwitz at
tu-cottbus.de
Impressum
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
c/o Universität Konstanz
Postfach D-87
D-78457 Konstanz
Tel +49-(0) 7531-88-2879 Fax +49-(0) 7531-88-2048
rainer.kuhlen at uni-konstanz.de www.urheberrechtsbuendnis.de
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Next Relevant Dates |
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung
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News |
April 6th 2021
The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.
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October 7th 2020
Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447
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February 28th 2018
UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)
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November 20th 2017
All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).
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June 7th 2017
The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)
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June 26th 2017
An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann,
to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then
we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)
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May 22nd 2017
FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag.
Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)
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May 10th 2017
Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum
„Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am
12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).
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April 27th 2017
Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch
bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)
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February 14th 2017
We make you aware that on the website
www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate
the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of
publishers' interests.
(Press Release).
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January 24th 2017
The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act —
UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)
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December 21st 2016
The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).
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December 15th 2016
KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities.
What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently
deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)
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December 12th 2016
And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board.
However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear.
Debt to the present obvious disaster around the framework
contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).
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November 23rd 2016
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)
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November 16th 2016
Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von
diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen!
Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).
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older news is available from our archive |
Publications |
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All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:
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Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
über ihre Urheberrechte,
wie handeln sie, und was wünschen sie?
- Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.
-
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
- Version: 22 November 2016
- Format: A4 duplex
-
Folder on our Current Demands
- Version: August 2015
-
Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
- Version: August 2015
-
Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
- Version: July 2015
-
Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
- Compilation for the annual meeting on October 10, 2013
-
Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
- Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011
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Relevant Links |
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IUWIS
project is developing a social networking for the topic of copyright in
education and research.
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